Kultur Der Betrachter darf rätseln Nachrichten der Ortenau - Offenburger Tageblatt

2022-06-18 15:41:39 By : Mr. Gordon Zhang

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Abstrakte Kunst mit wesenhaften Zügen: Peter Hauck stellt seine Arbeiten beim Künstlerkreis Ortenau vor.  ©Rainer Braxmaier

Seit den späten 1970er Jahre gibt es sie: die „Kettensägen-Monster“, welche die Kunstszene mit grobschlächtigen expressiven Gestalten geradezu überfielen. Heute sind diese ursprünglich kunstfernen Handwerksinstrumente nichts Besonderes mehr und werden von vielen Bildhauern mit großer Selbstverständlichkeit genutzt – so etwa von Peter Hauck, der von morgen, Sonntag, an in der Galerie im Artforum des Künstlerkreises Ortenau seine Ausstellung „Meisterwerke“ vorstellt: insgesamt 41 Skulpturen, ­Reliefs und Zeichnungen; eine Bilanz seines bisherigen Werkes mit dem Schwerpunkt auf die Arbeiten der letzten drei Jahren. Der 64 Jahre alte Künstler, der in Emmendingen lebt, beschäftigt sich seit vierzig Jahren mit der Skulptur und hantiert mit großer Selbstverständlichkeit mit Motorsäge, Beil, Winkelschleifer, gelegentlich auch dem Bunsenbrenner – aber auch mit Farbe. Die Bemalung der Skulptur betreibt Hauck sehr intensiv und eigenständig, hat dabei ein rauchiges, eher dunkles Kolorit entwickelt, das aber dissonante Töne nicht scheut und die oft rissigen, schrundigen Oberflächen nicht abmildert, sondern eher noch betont. Das stützt die organische Wirkung seiner Skulpturen, die sich bevorzugt stelenhaft aufbäumen, im Ex-tremen von geradezu gotischer Schlankheit und zerbrechlicher Wirkung sind. Die Figuren Peter Haucks wirken, als hätten sie ein langes Leben hinter sich. Gelegentlich schwingt die Erinnerung an eine menschliche Gestalt mit – jedenfalls an Wesen mit Kopf. Auch die Assoziation zur Pflanzenwelt ist nicht fern. Der Künstler lässt den Betrachter da gerne im Rätselstand; die Arbeitstitel geben kaum Hinweise, sind mitunter mit ihren Buchstabenkombinationen eher irreführend – „farbiges Grau“ ist noch die konkreteste Angabe.

Die hallenartige Innenarchitektur des Artforums in der Offenburger Okenstraße, das durch den Galerieaufgang auch die ungewöhnliche Perspektive von oben auf die Exponate bietet, ist ein ideales Spielfeld für dreidimensionale Kunst, das sowohl den panoramaartigen Überblick als auch die nahe Detailsicht bietet. Peter Hauck hat diesen Raum gut genutzt, lässt den Figuren ihren Wirkungsraum und die Allansichtigkeit. Zwar ist mit dieser Menge an Exponaten die Kapazitätsgrenze des Raumes erreicht. Doch ihre Verteilung wirkt wohlüberlegt. Und im Überblick sieht man ein sehr geschlossenes Ensemble. Das erstaunt angesichts der Unterschiede in Format und plastischer Gestaltung, oft bis an die Grenze physikalischer Logik. Peter Hauck bereitet seine dreidimensionalen Objekte mit zahlreichen Skizzen vor, die sich oft mit abstrakten formalen Handlungen wie Ballung und Streckung auseinandersetzen. Am Schluss haucht der Bildhauer ihnen aber wesenhafte Züge ein, mal an eine menschliche Figur, mal an eine Pflanze erinnernd. Seit einigen Jahren beschäftigt sich der Künstler mit dem Relief, ein Sujet, bei dem Komposition und malerische Aussage eine ganz andere Bedeutung erhalten. Oft fügt er sie zu Zweier- oder Dreier-Konstellationen zusammen. Gelegentlich spiegeln sich die Formen. Ausgangspunkt sind immer die pragmatischen, vier Zentimeter starken MDF-Platten, die der Künstler aber so massiv verformt, dass sie sich in unbekannte Pflanzen verwandeln können. Der Ausstellungstitel „Meisterwerke“ mag ironisch gemeint sein. Doch nach vier Jahrzehnten beharrlicher bildhauerischer Arbeit hat sich Peter Hauck eine eigenständige Bildsprache erarbeitet.

INFO: Peter Hauck – „Meisterwerke“ im Künstlerkreis Ortenau, Galerie im Artforum; Offenburg, bis 29. Mai. Vernissage: Sonntag, 1. Mai, 11 Uhr; Öffnungszeiten: Freitag 17 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr.