Denkmal-Lok in Bebra vor über 40 Jahren restauriert.

2022-06-10 21:38:32 By : Ms. Grace Xiao

Bebra. Die Lok 01 1102 war das Symbol der Eisenbahnerstadt Bebra. Das Denkmal stand an der Eisernen Brücke und war 1977 sanierungsbedürftig. Siegfried Matuschak und weitere damals junge Leute brachten die Dampflok wieder in Schuss. Matuschak ist der Autor unseres Rückblicks.

Sie stand als Symbol für die große Zeit der Eisenbahn, von der einst viele Arbeitsplätze im Bahnknoten Bebra abhingen. Die nahe der „Eisernen Brücke“ in der Grünanlage „Auf der Bleiche“ als Denkmal aufgestellte Schnellzug-Dampflokomotive 012 1020 war aber auch ein Blickfang für Reisende, die sie aus vorbeifahrenden Zügen bestaunen konnten. Ein besonders eindrucksvoller Anblick bot sich nachts, wenn die Lok angestrahlt wurde. Bürgermeister August-Wilhelm Mende hatte nicht nur den Aufstellort, sondern auch die Lok selbst mit Bedacht ausgewählt: 012 102-0 war 1957 bis 1963 noch unter ihrer alten Bezeichnung 01 110-2 (Umbenennung 1968 nach der EDV-Nummer) in Bebra stationiert gewesen und hatte schwere Schnellzüge über die steigungsreichen Mittelgebirgsstrecken zwischen Göttingen und Würzburg gezogen. Über die feierliche Enthüllung des imposanten Denkmals hat die HNA in der Ausgabe vom 4. Juni 1974 berichtet. Schon wenige Jahre später bot die Lok einen traurigen Anblick, die Farbe war ausgeblichen, an einigen Stellen rostete sie. Für diesen Fall gab es bei der Stadt Bebra kein Konzept. Mitglieder des Vereins „Hersfelder Eisenbahn-Freunde“ boten Hilfe an und nahmen kleinere Ausbesserungsarbeiten vor. Doch es musste mehr getan werden, und da kamen die begeisterten Dampflokfans aus Niedersachsen gerade recht. Siegfried Matuschak erinnert sich.

Als Wochenendpendler kam ich 1977 regelmäßig mit der Bahn durch Bebra. Der Blick zum Lok-Denkmal war jedes Mal Pflicht, denn 012 102-0 hatte mich fünf Jahre zuvor bei ihren letzten Einsätzen vor langen Bäderzügen zwischen Hamburg und Westerland mächtig beeindruckt.

Den schlechten äußeren Zustand der Maschine registrierte ich mit Betroffenheit. Im Gespräch mit zwei Freunden entstand die Idee, der Stadt Bebra anzubieten, die Lok in ehrenamtlicher Arbeit gründlich zu entrosten und mit einem authentischen Neuanstrich zu versehen.

Beim Magistrat der Stadt Bebra stieß das Angebot auf offene Ohren, denn man hatte zwischenzeitlich selbst erkannt, dass ein solches Denkmal ständiger Pflege bedarf. Uns wurde jegliche Unterstützung zugesagt, nicht nur hinsichtlich des benötigten Arbeitsmaterials, sondern auch bei der Unterbringung vor Ort. Ansprechpartner war der Erste Stadtrat Hans Horn, der hauptberuflich im Bahnbetriebswerk tätig war. Bei Bedarf organisierte er kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten in einem der Lokführer-Ruheräume. Außerdem wurde uns in den Sozialräumen der Bundesbahn die Möglichkeit zum Waschen und Umziehen eingeräumt.

Am Samstag, den 8. Oktober 1977, fanden wir uns zum ersten Arbeitstag am Lok-Denkmal ein. Wir, das waren zunächst Volker Siewke aus Eisdorf am Harz, Dietward Matzander aus Osterode am Harz und ich selbst aus Braunschweig. Später stießen noch Friedrich Klöpfel aus Rotenburg sowie diverse „Gelegenheitsarbeiter“ aus dem Freundeskreis dazu. Mit Dreikantschabern, Spachteln, Hämmern und Drahtbürsten rückten wir dem stählernen Koloss zu Leibe, lösten aufgeplatzte Farbschichten ab, bürsteten Roststellen blank und trugen an den so behandelten Stellen mit Pinseln Bleimennige als Rostschutzanstrich auf.

Eine Woche später kam ein Redakteur der Rotenburg-Bebraer Allgemeinen zu Besuch, der einen wohlgesonnenen Artikel über unseren Einsatz verfasste und in der Ausgabe vom 20.10.1977 veröffentlichte. Dieser Zeitungsbericht hatte zur Folge, dass an Samstagen immer mal wieder Bebraer Bürger zur Lok kamen, um uns mit anerkennenden Worten, Speisen und Getränken zu erfreuen.

Unsere Planungen sahen vor, die Arbeiten nach etwa einem Jahr abzuschließen. Doch schon bald wurde klar, dass die punktuelle Ausbesserung des Anstrichs nicht ausreichte, zumal auf diese Weise keine einheitliche Farbwirkung auf großen Flächen zu erzielen war. Auch ging es mit dem primitiven Werkzeug nur schleppend voran.

Es führte kein Weg an der Aufrüstung des Equipments vorbei, um die Lok in einem vertretbaren Zeitraum vollständig von alten Farbschichten befreien und komplett neu streichen zu können. Die Verantwortlichen der Stadt Bebra gingen auch diesen Weg mit uns. Als Erstes installierte man am Lampenmast hinter der Lok eine verschließbare Steckdose. Dann wurden eine Bohrmaschine mit Drahtbürstenaufsatz, eine Winkelschleifmaschine, ein Elektrokompressor und eine Spritzpistole angeschafft. Den für das Farbspritzen erforderlichen Wasseranschluss stellte Georg Bally zur Verfügung, der im Haus neben dem Denkmal die noch heute existierende Massagepraxis betrieb. In seiner Garage durften wir nach Feierabend sogar den Kompressor unterstellen.

So ausgestattet, wagten wir uns auch an größere Brocken. Rohre, Blechverkleidungen, Druckluftbehälter, die Lichtmaschine und sogar die Windleitbleche wurden abgebaut, um die Teile selbst und dahinterliegende Flächen besser bearbeiten zu können. Als im Sommer 1978 noch kein Ende abzusehen war, sollte der Fortgang der Arbeiten durch den Einsatz einer Sandstrahlanlage beschleunigt werden. Hans Horn organisierte in Absprache mit uns einen siebenstündigen Sandstrahl-Einsatz der Firma Ebert. Die Aktion brachte die Arbeiten deutlich voran, aber wir waren nicht zufrieden, weil nur von außen leicht zugängliche Stellen abgestrahlt worden waren.

Um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, mussten wir das Sandstrahlen selbst in die Hand nehmen. Im Sommer 1979 stand uns tatsächlich eine eigene Sandstrahlanlage samt der dazugehörigen Schutzausrüstung zur Verfügung. Vom städtischen Bauhof stellte man jeden Freitagabend einen Baukompressor an die Lok, dazu eine Palette mit Quarzsand-Säcken. So ging es noch über ein Jahr Wochenende für Wochenende, bis im Herbst 1980 endlich alle erreichbaren Flächen entrostet, vorgestrichen und zum großen Teil auch schon endlackiert waren.

Im November 1980 musste ich mich berufsbedingt aus dem Stammteam ausklinken. Meine Mitstreiter waren noch bis 1982 damit beschäftigt, abmontierte Teile anzubauen und mit dem Endanstrich zu versehen. Bei meinem letzten Besuch im November 1982 präsentierte sich die Lok komplett in leuchtend frischen Farben.

So, wie die Maschine an diesem Nachmittag vor uns stand, könnte sie am 14.02.1962 ausgesehen haben, als sie nach ihrer letzten großen Hauptuntersuchung das Ausbesserungswerk Braunschweig verlassen hatte. Das gilt auch für die Beschilderung, bei der wir uns für jene Beschriftung entschieden hatten, mit der die Lok einst beim Bahnbetriebswerk Bebra im Einsatz war: 01 1102, BD Kassel, Bw Bebra.

Die Lok 01 1102 hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Hier einige Zahlen zu Technik und Geschichte.

2 Meter Durchmesser der Treib- und Kuppelräder

78 Jahre ist es her, dass die Lok gebaut wurde. Das war im Jahr 1940 duch die Berliner Maschinenbau AG. Auslieferung an die Deutsche Reichsbahn am 31.07. und am 13.08. Abnahme und Indienststellung als 01 1102 in München. Über Nürnberg kam sie am 13. Mai 1944 nach Kassel und wurde 1949 von der neu gegründeten Deutsche Bundesbahn übernommen. Ab 1957 war sie für sechs Jahre in Bebra stationiert, ging danach über Kassel nach Hamburg. Sie ging 1972 nach Rheine und wurde vor 45 Jahren am 12. April 1973 ausgemustert.

192 Tonnen Gesamtgewicht mit vollen Vorräten

2470 PS Leistung hatte der Neubaukessel mit Ölfeuerung – 1954 Einbau durch Henschel & Sohn GmbH in Kassel

6. Dezember 1994 Vertragsabschluss zwischen der Stadt Bebra und der „K&K Eisenbahn-Speise- und Salonwagen-Betriebsgesellschaft mbH“, die die Lok 01 1102 zum Zwecke der Wiederinbetriebnahme erwirbt. Vertraglich geregelt ist, dass die Lok bei ihren Fahrten Reklame für Bebra fährt und einmal im Jahr nach Bebra kommt – der Vertrag wurde aber nicht eingehalten. 15.-19. Februar 1995 Zerlegung durch Fachkräfte des Dampflokwerks Meiningen, Abtransport mit Tiefladern.

März 1995 Beginn der Aufarbeitung in Meiningen. Die Lok erhält eine rekonstruierte Stromlinienverkleidung in der Ursprungsausführung von 1939, behält aber Neubaukessel und Ölhauptfeuerung der Bundesbahn. 1995 folgen erste Probefahrten in Meiningen. Am 1. März 1996 Abnahme, Inbetriebnahme und Jungfernfahrt nach Braunschweig. 1996 bis 2004 Einsatz vor Sonderzügen in ganz Deutschland. 2002 Eigentümerwechsel auf das Schweizer Eisenbahnunternehmen „Transeurop Eisenbahn AG“.

2004 Stilllegung nach Unfall, Abstellung in Meiningen. Tobias Mühlbauer (Bebra) beklagt in einem Leserbrief am 27. April 2006 in der HNA, die Lok stehe seit 27. Oktober 2004 draußen auf dem Werksgelände in Meiningen und verroste. 2008 Leihgabe an das Süddeutsche Eisenbahnmuseum Heilbronn. 8. November 2013 Überführung zur Hauptuntersuchung ins Eisenbahn-Ausbesserungswerk Ceské Velenice in Südböhmen. Das geht im Dezember 2013 in Konkurs. Die Lok steht seitdem teilzerlegt in einer verschlossenen Halle des Werkes.