Metabo-Vorstandsvorsitzender Garbrecht: „In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich ein Großteil der Anwender für das Akkusystem eines bestimmten Herstellers entscheiden.“
Wie bereits angekündigt präsentierte Metabo sich auf der BAU 2017 in München mit einem Stand, auf dem ausschließlich akkubetriebene Elektrowerkzeuge zu sehen waren. „Wir bleiben unserer Strategie treu und bieten weiterhin auch kabelgebundene und druckluftbetriebene Maschinen an. Aber für unsere Branche sind die Akkuwerkzeuge das, was für die Automobilindustrie der Elektroantrieb ist − das Feld, auf dem sich die Zukunft der Unternehmen entscheidet“, erklärte der Metabo-Vorstandsvorsitzende Horst W. Garbrecht in einer Pressekonferenz am ersten Messetag. „Außerdem haben wir jetzt eine entscheidende Zäsur erreicht. Die kabellose Baustelle ist keine Vision mehr, sondern Realität. Wir haben diese Vision seit 2009 konsequent verfolgt und freuen uns, dass wir jetzt Vollzug melden können“, betonte Garbrecht.
„Mit mehr als 80 Maschinen im 18-Volt-Bereich decken wir nahezu alle Anwendungen kabellos ab, und mit der Power unserer LiHD-Akkupacks können wir als derzeit einziger Hersteller weltweit auch das anbieten, was bisher gefehlt hat: Akkubetriebene Elektrowerkzeuge im absoluten Hochleistungsbereich wie unser neuer großer Winkelschleifer, der die Kraft einer Netzmaschine mit 2.400 Watt hat. Weitere Maschinen wie akkubetriebene Tischkreissägen, schwere Bohrhämmer oder kabellose Staubsauger werden folgen. Zudem finden unsere Kernzielgruppen im Bauhandwerk und der Renovierung sowie im Metallhandwerk und der -industrie bei uns hochproduktive Speziallösungen, die sie nirgendwo sonst bekommen.“
Garbrecht zeigte sich überzeugt, dass die Akkutechnik in den nächsten Jahren die Spielregeln in der Branche entscheidend verändern wird. Bislang sei der Kauf eines Elektrowerkzeuges eine Einzelentscheidung gewesen. Bei Akkuwerkzeugen sei das anders, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Nürtinger Elektrowerkzeug-Herstellers. Die Akkutechniken der verschiedenen Anbieter seien untereinander nicht kompatibel. „Bei Akku zählt das System. Ein professioneller Anwender sollte sich genau anschauen, welcher Hersteller für seine Anwendungen das beste Produktprogramm hat. Denn wenn er wie früher mit vielen verschiedenen Maschinen arbeitet, braucht er für jede Marke die passenden Akkupacks und Ladegeräte auf der Baustelle. Das wird sehr schnell aufwändig, unübersichtlich und nervig. Das erkennen langsam aber sicher immer mehr Anwender, und deshalb wird sich der Großteil von ihnen innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre für das System eines bestimmten Herstellers entscheiden. Deshalb haben wir einen so radikal reduzierten und fokussierten Messestand gebaut. Wir wollen dem Handwerker eine klare Botschaft mitgeben: Alles geht mit Akku, und Metabo ist dabei führend. Dass wir dabei eine Lücke lassen und viele unserer hochspeziellen Kabelprodukte nicht zeigen, nehmen wir bewusst in Kauf“, sagte Garbrecht.
Die konsequente Konzentration auf den Akkubereich auf der BAU sei aber auch das Resultat aus vielen Gesprächen mit Anwendern. Man stelle immer wieder fest, dass viele Profis noch nicht wüssten, wie leistungsfähig die Akkutechnik heute ist. Auch bei der Kompatibilität gebe es noch viele Zweifel. „Viele Anwender reagieren sehr erstaunt, wenn sie erfahren, dass bei Metabo die ältesten Lithium-Ionen-Akkupacks aus dem Jahr 2009 noch auf jedes aktuelle Werkzeug-Modell und jedes Ladegerät passen. Wir haben eine hundertprozentige Kompatibilität innerhalb unseres Akkusystems – gestern, heute und morgen“, betonte Garbrecht.
Wie komplett das Akkuprogramm von Metabo bereits heute ist, zeigte Dr. Andreas Siemer, Direktor Produktmanagement & Training bei Metabo. „Wir haben den Anwendern zugehört und Profis in verschiedenen Gewerken gefragt, welche Elektrowerkzeuge sie einsetzen. 90 Prozent der dabei genannten Typen haben wir schon jetzt als Akkuvarianten im Programm – und die restlichen zehn Prozent zeigen wir auf der Messe als Concept Tools, die wir innerhalb kurzer Zeit auf den Markt bringen können, wenn die Nachfrage da ist“, erklärte Dr. Siemer. Außerdem gebe es eine ganze Reihe von Speziallösungen für die Kernzielgruppen Bauhandwerk und Renovierung sowie Metallhandwerk und -industrie, die so weltweit nur Metabo biete. In Summe könnten so 98 Prozent der Arbeiten auf dem Bau mit Akkumaschinen erledigt werden.
Dr. Siemer ging auch auf die wirtschaftliche Seite der Akkutechnik ein und belegte, dass akkubetriebene Elektrowerkzeuge vor allem aufgrund ihrer Akkupacks und Ladegeräte in der Anschaffung zwar oft teurer sind, diese Mehrkosten aber über Produktivitätsvorteile sehr schnell wieder hereinspielen. „Und dazu kommen noch das einfachere Arbeiten ohne Kabel und die verhinderten Unfälle, bei denen jemand über herumliegende Kabel stolpert. Diese beiden Faktoren lassen sich zwar schlecht in Geld umrechnen, sind aber natürlich mindestens genauso wichtig“, betonte Dr. Siemer. „Außerdem liegen die Geräte ohne Akkupacks und Lader – die sogenannten Karkassen – im Preis fast gleich wie vergleichbare kabelgebundene Maschinen. Wer sich also für das System eines Herstellers entscheidet und so Akkupacks und Lader für all seine Akku-Maschinen nutzen kann, hat beim Kauf weiterer Geräte praktisch keine Kostennachteile, sondern spart von Anfang an Geld durch die bessere Produktivität.“
Einen Einblick in die Akkutechnik und aktuellen Trends in der weiteren Entwicklung gab Bernd Fleischmann, Direktor Produktentstehung und Qualität bei Metabo. Er erläuterte, warum die Nürtinger mit ihrer Ultra-M-Technik nicht nur die Kompatibilität der heutigen Maschinen mit älteren Akkupacks sichern, sondern das auch für die Zukunft versprechen können. „Bei unserem System steuert die Elektronik des Akkupacks das Zusammenspiel. Er meldet gewissermaßen dem Ladegerät und der Maschine, was für ein Typ er ist und wie er ge- und entladen werden muss. Deshalb können wir aktuell auch Akkupacks mit unterschiedlichen Zelltypen parallel einsetzen“, erklärte Fleischmann. Während sowohl die konventionellen Li-Ion-Packs als auch die Hochleistungspacks aus der LiHD-Serie die gleiche Lithium-Ionen-Basis als Zellchemie verwenden, könne Metabo aber künftig auch auf neue Entwicklungen bei der Zellchemie reagieren, ohne die Kompatibilität mit älteren Packs aufgeben zu müssen. „Wir verändern dann gewissermaßen den Motor, aber nicht das Chassis – und das sichert auch künftig die Kompatibilität.“
„Noch sei allerdings kein Nachfolger für Lithium-Ionen in Sicht“, sagte Fleischmann, aber diese Basis habe auch noch einiges Entwicklungspotenzial. Dabei werde es in naher Zukunft zunächst wieder um den weiteren Ausbau der Akkukapazität gehen. „Bis zur Einführung von LiHD war bei uns Leistung das große Thema. Jetzt haben wir eine Akkutechnik, die mit einem 36-Volt-Pack oder zwei gekoppelten 18-Volt-Packs bis zu 2.400 Watt in einem kompakten Format liefert. Mehr Leistung brauchen – wenn überhaupt – nur ganz, ganz wenige Elektrowerkzeuge.“ Metabo stelle deshalb auf der BAU die neue Generation von LiHD-Akkus mit einer von 6.2 auf 7.0 Amperestunden (Ah) vergrößerten Kapazität vor. Das sei aber sicher noch nicht der letzte Schritt. „Die zentrale Herausforderung bei der Weiterentwicklung der Zellentechnologie ist es, die Zellkapazität zu erhöhen und gleichzeitig den Zelleninnenwiderstand zu senken. Dadurch können wir in Zukunft bei mindestens gleicher Leistungsfähigkeit mehr Energie aus den Akkupacks generieren. Unser neuer 7.0 Ah-Pack ist diesbezüglich schon etwas besser als unser existierender 6.2 Ah-Pack. Und was künftige Kapazitätserweiterungen angeht, arbeiten wir in enger Abstimmung direkt mit den Zellherstellern“, erklärte Fleischmann. Für 2018 rechnet er mit einer Kapazität von 8,0 Ah und 2019 werden wohl die ersten LIHD-Akkus mit 9,0 Ah kommen.