"La Belle Époque – Der Zauber des Jugendstils" in Rosenheim - Die Ära der Ästhetik

2022-07-29 21:00:10 By : Ms. Yan Y

Die Ära der Ästhetik

Die Zeit zwischen den 1880er Jahren und dem Ersten Weltkrieg galt kunstgeschichtlich als geradezu grandios. Mit der Ausstellung "La Belle Époque – Der Zauber des Jugendstils" entführt die Städtische Galerie in Rosenheim eben in diese Ära und setzt deren künstlerische Entwicklung in einen regionalen und auch internationalen Zusammenhang.

So kommen lokale Künstler wie Hans Müller-Schnuttenbach oder Rudolf Sieck vor, und international berühmte wie Franz von Stuck, Alfons Mucha, Olaf Gulbransson oder Émile Gallé. Zusammen veranschaulichen sie das vielfältige Zusammenspiel in der Bildenden Kunst, der Architektur und des Handwerks.Begehrtes Motiv:Nackte Frauen Die Räume wurden teils neu gestaltet, bzw. erhielten eine neue Farbgebung, um den thematisch gegliederten Exponaten gerecht zu werden. Auffällig: Männliche Künstler dominieren die Szene, doch es sind die Frauen, die als beliebte Motive hervortreten. Sexualität, meist in Gestalt nackter weiblicher Körper, spielt dabei eine große Rolle. Und um den damals vorherrschenden Moralvorstellungen gerecht zu werden, verlegten die Künstler ihre erotischen Darstellungen kurzerhand in antike Sagen- oder anderweitige Fabelwelten.

Den Anstoß zur Ausstellung gab Franz von Stucks Fächerelement "Medusa" (Öl, Pappe, Holz, 1902), das 1904 in Rosenheimer Besitz kam, wie Monika Hauser-Mair, Leiterin der Städtischen Galerie, erzählt. Medusa, ein Frauenbild stark und vernichtend, steht zart und zerbrechlich wirkenden Frauenbildnissen gegenüber und beweist den großen Emotionalradius des Jugendstils.

Dieser verstand sich international als "Modellierung der Wirklichkeit durch stilvolle Kunst", so Kunsthistoriker Norbert Wolf. Eine Zeitreise um etwa 130 Jahre zurück führt in die Jahre des Friedens, der wirtschaftlichen Blüte und der Erfindungen. Eine Zeit der Veränderungen, der Schnelllebigkeit und Dynamik. Der Jugendstil, dessen Bezeichnung in Deutschland von der damaligen äußerst populären Kunst- und Literaturzeitschrift "Jugend" abgeleitet wurde, wird dieser Zeit gerecht. Titelblätter der Zeitschrift sind im Grafikraum der Ausstellung ebenso zu sehen wie die des "Simplicissimus", der satirischen Wochenzeitschrift jener Zeit.

Weitere Neuausrichtungen schlugen sich in dieser Kunstform nieder. Den Jugendstil prägte die Ablehnung des Historismus, er sah nach vorne, ließ sich von der Natur – Flora und Fauna – inspirieren und setzte Bewegung ins Zentrum. Die Rosenheimer Ausstellung geht ihm international auf die Spur, konzentriert sich aber bewusst auf Länder, die den Jugendstil maßgeblich prägten. Beispielgebend sei hier Frankreich genannt, wo sich unter anderem die Bezeichnung Style Métro findet. Namengebend waren die Pariser U-Bahn-Stationen, deren Eingänge, von Hector Guimard gestaltet, bis heute zu den prominentesten Bauten des Pariser Jugendstils zählen.Auch Möbel und Porzellan sind zu sehen Neben Naturmotiven, Landschaften, Design, Arts & Crafts fanden auch die aufwendig gestalteten Gästebücher der Baronin Julia Freifrau von Wendelstadt und ihrem Gemahl Jan, Besitzer des Schlosses Neubeuern, Einzug in die Ausstellung. Die Feste der Familie von Wendelstadt galten als legendär, mit Besuchern wie Franz von Lenbach, Hugo von Hofmannsthal und weiteren Persönlichkeiten, die sich in die Bücher eintragen durften. Unter der Prämisse Arts & Craft fügen sich Möbel, Glas und Keramik, Porzellan und gar Schmuckkämme in die Ausstellung ein. Die Jugendstil-Bewegung arbeitete gegen die industrielle Herstellung von Gegenständen, wobei das Material dem Gegenstand sowohl funktional als auch ästhetisch dienlich sein sollte. Oft orientierten sich die Künstler dabei an den Orientalismus und Japonismus.

Kunsthistorikerin und Kuratorin Olena Balun hat für die Ausstellung "La Belle Époque" Exponate aus der Sammlung der Städtischen Galerie, Schloss Neubeuern, dem Münchner Stadtmuseum, der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München sowie aus Privatsammlungen ausgewählt.Petra Kähsmann

Bis 1. Mai in der Städtischen Galerie Rosenheim, Max-Bram-Platz 2 zu sehen. Dienstag bis Freitag, 13 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag und 1. Mai, 13 bis 17 Uhr, montags und sonstige Feiertage geschlossen; Info: galerie.rosenheim.de

Monika Hauser-Mair, Leiterin der Städtischen Galerie, zeigt wie Franz von Stucks Fächerelement "Medusa" (Öl, Pappe, Holz, 1902) im Ganzen gewirkt hätte. −Fotos: Kähsmann

Dieser Scherenschnitt "Blühende Kastanie" stammt von Paula von Göschen-Rössler (Ausschnitt).